OAE – Ototakustische Emissionen

Was sind otoakustische Emissionen?

Otoakustische Emissionen (OAE) sind Schallaussendungen des Innenohres auf akustische Stimulation hin. Sie wurden 1978 entdeckt (Kemp) und dienen der objektiven Hördiagnostik. Die Messung derselben ist schmerzlos, geht schnell und die Befunde sind bei richtiger Anwendung gut reproduzierbar (d.h. gleiche Messergebnisse bei wiederholter Messung), weshalb sie sich auch zur Verlaufsbeobachtung eignen.

Der Begiff setzt sich aus oto (griech. des Ohres), akuein (griech. hören) und emittere (lat. aussenden) zusammen. Man unterscheidet TEOAE (transistorisch evozierte OAE) von DPOAE (Distorsionsprodukt-OAE); sie unterscheiden sich durch die Art der akustischen Auslösung - Klicken oder Sinustöne. Darüber hinaus gibt es auch OAE die ohne akustische Stimulation auftreten, spontane OAE, die jedoch in der Routinediagnostik keine Rolle spielen.

Sie bedürfen keinerlei Mitarbeit des Patienten, das bedeutet, dass keine Knöpfe oder ähnliches bedient werden müssen um gute Ergebnisse zu erhalten. Sie sind daher ein fester Baustein in der objektiven Routine Hördiagnostik und haben darüberhinaus folgende Einsatzgebiete:

Einsatzgebiete der Otoakustischen Emissionen (OAE)

  • Differenzierung von Hörstörungen im Bereich der Schnecke oder der Hörbahn: je nach Lokalisation der Schallempfindungsschwerhörigkeit fallen die OAE aus oder sind ableitbar.
  • Neugeborenen-Hörscreening: da eine Mitarbeit des kleinen Patienten nicht erforderlich ist eignen sie sich zum Screening auf eine Hörschwäche direkt nach der Geburt. Auffällige Befunde werden entweder nochmal im Verlauf kontrolliert oder durch zusätzliche diagnostische Maßnahmen (Hirnstammaudiometrie) weiter abgeklärt.
  • Begutachtung: da die Emissionen objektiv sind, was bedeutet, dass sie nicht willentlich beeinflusst werden können, sind sie ein perfektes diagnostisches Mittel bei gutachterlichen Fragestellungen, z.B. bei vorgetäuschten Hörstörungen.

Durchführung der OAE-Messung

Trotz dessen, dass der Patient nicht mitarbeiten muss, bedarf es bestimmter Voraussetzungen, damit die Messung verwertbare Ergebnisse liefert. Die Messung wird daher in einem schallgedämmten Raum (meist Hörkabine in einer HNO-Praxis) durchgeführt.

Hier nimmt der Patient auf einem Stuhl in entspannter Haltung Platz. Eine bequeme Sitzposition ist wichtig, da Bewegungen des Körpers zu Störgeräuschen führen können, welche die sehr leisen Emissionen überlagern können. Daher darf man bei der Messung nicht sprechen, sollte man nicht kauen und wenig schlucken.

Gerade (kleinen) Kindern fällt das Stillhalten oft schwer, weshalb etwas Ablenkung durch einen Elternteil oder eine weitere Praxismitarbeiter-/in Wunder bewirken kann. Bei Säuglingen klappt die Messung am Besten, wenn die Kinder schlafen, idealerweise satt und zufrieden nach dem Stillen oder der Flasche. Die meisten Praxen, die das Neugeborenen-Hörscreening anbieten, verfügen über die räumliche und organisatorische Möglichkeit, damit sich die Mutter mit ihrem Kind zum stillen / füttern zurückziehen und die Messung direkt im Anschluss daran durchgeführt werden kann.

Je ruhiger die Messumgebung, desto schneller läuft die Untersuchung ab (zwischen 30 Sekunden bis unter einer Minute pro Ohr); sind zu viele Störgeräusche vorhanden muss die Messung wiederholt werden.

Zur Untersuchung wird ein kleiner Stöpsel in den äußeren Gehörgang eingeführt. Im Inneren des Stöpsels befindet sich ein winziger Lautsprecher (für die Reiz-Klicks oder -Töne) sowie ein hochempfindliches Mini-Mikrofon, welches die otoakustische Emission aufzeichnet.

Das Einsetzen der kleinen Messapparatur tut nicht weh, da dieser Stöpsel aus weichem Silikon besteht und in verschiedenen Größen verfügbar ist. Ein guter Sitz der Messsonde ist essenziell für gute Ergebnisse, weshalb das Kabel meist mit einem Klemmchen am Kragen befestigt wird, damit das Kabel nicht an der Messsonde zieht. Sonst sitzt die Sonde schief im Gehörgang, was die Messqualität beeinträchtigen kann. Daher ist es auch wichtig, dass der Gehörgang frei von „Hindernissen“ ist, also ohne wesentliche Ohrenschmalz Ansammlungen. Eine vorherige Kontrolle des Gehörgangs ist daher sinnvoll.

Interpretation der Messergebnisse

Die Stärke der otoakustischen Emissionen korreliert mit der Funktionsfähigkeit der äusseren Haarzellen im Innenohr. Diese sind nicht die eigentlichen Hörzellen (innere Haarzellen), jedoch hat ihre Funktion notwendigen Anteil an einer normalen Innenohrfunktion, weshalb sie quasi stellvertretend für die Inneren Haarzellen zur Einschätzung der Innenohrfunktion herangezogen werden können.

Die Nichtableitbarkeit der OAE zeigt daher eine Funktionsstörung im Innenohr an. Jedoch muss Erwähnung finden, dass auch Störungen im Bereich des Mittelohres (z.B. Schallleitungsschwerhörigkeit) oder des Gehörganges (Ohrenschmalzpropf) zu einer eingeschränkten Ableitung der otoakustischen Emissionen führen können. Daher ist es wichtig, das Ergebnis der OAE-Messung nicht isoliert, sondern in Zusammenschau mit anderen hördiagnostischen Verfahren zu betrachten.

Ausgefallene OAE finden sich typischerweise bei Schwerhörigekeit oder einem Hörsturz im Frequenzbereich zwischen ein und vier kHz. Ab einem Hörverlust von ca 25 dB in diesem Frequenzbereich sind sie in der Regel nicht  mehr nachweisbar.

Unten sehen Sie in der oberen Abbildung (Abbildung 1) regelrechte Otoakustische Emissionen des rechten Ohres bei einem normalhörigen zehnjährigen Jungen. In der oberen mittleren Abbildung im Messfenster sieht man die akustische Emission (grün) klar von den Störgeräuschen (rot) abgesetzt. Unter “Antwort“ findet sich eine Repro von 97%, was einer deutlichen Emission entspricht.

Regelrechte Ableitung von TEOAE

Repro-Werte von 60% und darunter gelten nicht mehr als regelrechte Emission - es sind keine OAE mehr ableitbar (siehe Abbildung 2).

Keine Ableitung von regelrechten OAE


Quellen:

  • Rolf Hauser: Anwendung otoakustischer Emissionen: ein Kompendium für Klinik und Praxis. Enke, Stuttgart 1995

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