Was ist ein Reflux? Was bedeutet es, wenn von stillem Reflux gesprochen wird?

Reflux nennt man das Zurückfließen von Magensäure bzw. Magensaft in die Speiseröhre und sogar bis in den Kehlkopf und Rachen. Ein ständiger Magensaft- bzw. Magensäure-Reflux kann chronische Entzündungen im Bereich des Rachens und des Kehlkopfes verursachen. Denn eigentlich ist nur die Magenschleimhaut dazu geschaffen, den sauren Magensaft, der neben Salzsäure auch Enzyme wie Pepsin enthält, „auszuhalten“. Die übrigen Schleimhäute des oberen Verdauungstraktes können dem Angriff des ätzenden Verdauungssaftes nicht standhalten und reagieren mit einem Reizzustand.

Saures Aufstoßen und Sodbrennen (hinter dem Brustbein) gelten als klassische Symptome des gastro-ösophagealen Reflux (GERD). Dieser wird anhand der Symptome und dem Nachweis von Entzündungszeichen im Bereich der Speiseröhre (Magenspiegelung) diagnostiziert. Die Diagnose läßt sich somit recht einfach stellen.

Weniger eindeutige Beschwerden macht der Reflux in den Rachen / Kehlkopf. Unspezifische Symptome im Bereich des Halses, Rachens und Kehlkopfes lassen an einen atypischen, laryngopharyngealen Reflux (LPR) denken, bei dem Magensaft bis in den untern Rachen gelangt.

Der Nachweis eines stillen Reflux ist deutlich schwieriger, weshalb betroffene Patienten oft einen langen Leidensweg hinter sich und mehrere Ärzte konsultiert haben, ohne, dass sichtbare Befunde erhoben werden konnten. Daher wird diese Form des Magensäure-Reflux auch „Stiller Reflux“ genannt. Typischerweise findet sich meist kein entzündliches Korrelat in der Magenspiegelung!

In der Hälfte dieser Fälle bestehen Zeichen einer chronischen Entzündung im Bereich der Rachen- und Kehlkopfschleimhaut. Und das obwohl dabei kein Sodbrennen auftritt. In unserer Praxis ist es durch die pH-metrie möglich diesen atypischen Reflux zu diagnostizieren. Damit läßt sich eine Ursache unklarer Halsschmerzen aufdecken oder aber eine oft unnötige Behandlung mit Magensäureblockern verhindern.

Wer neigt zu Reflux?

Begünstigend für einen Reflux sind u.a. Übergewicht, Z.n. Schwangerschaft, falsche Ernährung (fettreich, kohlensäurehaltige Getränke), ein Zwerchfellbruch (sog. Hiatrushernie) und eine Schlafapnoe. Auch Stress kann einen Reflux fördern. Darüber hinaus gibt es spezifische Ursachen wie z.B. eine chronische Magenschleimhautentzündung oder die eosinophile Ösophagitis (EoE), die dem allergischen Formenkreis zugerechnet wird.

Wie kann man einen stillen Reflux nachweisen?

Symptome bei laryngopharyngealem Reflux

Die Symptome ins meist unspezifisch. Häufig werden Heiserkeit, Räusperzwang, Kloßgefühl (Globus), ständige Verschleimung, Schluckstörungen, anhaltende brennende Halsschmerzen, häufiges Aufstoßen, Neigung zu Kehlkopfentzündungen, Husten nach dem Essen oder beim Hinlegen, Würgereiz (beim Zahnarzt oder Zähneputzen) und trockener Reizhusten sowie asthmatische Symptome beklagt. Die Symptome kann der Arzt mit dem sog. Reflux Symptom Index (RSI) quantitativ einschätzen.

Endoskopische Untersuchung

Der HNO-Arzt hat die Möglichkeit den unteren Rachen und den Kehlkopf endoskopisch zu untersuchen. In vielen Fällen zeigen sich im Bereich des hinteren Kehlkopfes, dort, wo der Eingang der Speiseröhre unmittelbar benachbart ist, entzündliche Veränderungen. Sie reichen von Rötungen im Bereich der Stellknorpel (Aryhöcker), grau belegte Schleimhaut zwischen den Aryhöckern und Schwellungen (Ödeme) im hinteren Kehlkopfbereich und werden als Laryngitis gastrica („Kehlkopfentzündung verursacht durch den Magen“) bezeichnet. Bei stärkerem LPR kann es auch zu kugeligen Verdickungen im hinteren Stimmbandbereich kommen. Kontaktgranulome kommen typischerweise bei Männern mit starker Stimmbelastung vor in Kombination mit einem laryngopharyngealen Reflux.

typischer endoskopischer Befund des Kehlkopfes bei Reflux

24-h-pHmetrie

Reflux pHmetrie
Reflux Recorder

Besteht klinisch der Verdacht auf Vorliegen einer Rückfluss von Magensaft bis in den Rachen (laryngopharyngealer Reflux), zum Beispiel weil sich entsprechende entzündliche Veränderungen im Kehlkopf zeigen oder weil die beschriebenen Symptome in diese Richtung zeigen, bietet sich die Refluxdiagnostik per pH-Wertmessung im unteren Rachen an.

Bei der 24-hpH-metrie (Einkanal-pHmetrie) wird eine sehr feine Sonde (nur 1 mm Durchmesser) durch die Nase in den Rachen geführt, dort genau positioniert und mit einem Klebestreifen fixiert. Vor der Einlage betäuben wir die Schleimhaut von Nase und Rachen oberflächlich, so dass das Einführen schmerzfrei ist. Die Positionierung der Sonde dauert nur wenige Minuten.

Die Sonde ist mit einem Taschenrecorder verbunden, der die pH-Schwankungen im Bereich der Rachenschleimhaut aufzeichnet. Nach einer kurzen Einweisung in die Bedienung des Rekorders nehmen Sie das Gerät mit nach Hause und geben es nach 24 Stunden wieder bei uns in der Praxis ab. Während der 24-stündigen Aufzeichnungsphase sollten Sie ihre üblichen Ess-, Trink-, Rauch- und Verhaltensgewohnheiten beibehalten. Sollten während der Messzeit Symptome auftreten, können Sie diese per Tastendruck auf dem Recorder festhalten, so dass sie später mit einem möglichen Säure-Reflux korreliert werden können. Des weiteren können Sie Essenszeiten und die Oberkörper-Flachlage über die Tasten dokumentieren. Dies ist ebenfalls sehr hilfreich, um einen Zusammenhang zwischen Beschwerden und Refluxmustern besser beurteilen zu können. Baden, Duschen oder Schwimmen ist mit der Messsonde nicht möglich. Sie bekommen keine Betäubungsmittel, die Sie in der Fahrtüchtigkeit einschränken.

Danach erfolgt die Auswertung (DeMeester-Score) weitgehend automatisiert, die Befundinterpretation erfolgt durch en auswertenden Arzt. Anschließend besprechen wir das Ergebnis anhand der Befunde und legen die weitere Therapie zusammen fest (siehe unten).

Wir verwenden hygienische Einmal-Sonden und das Dx-System der Fa. Restech. Weitere Informationen finden Sie bei der Vertriebsfirma Neuwirth.

Weitere Untersuchungen bei V.a. Reflux

Von der hier verwendeten Einkanal-pHmetrie muss die Zweikanal-ph-metrie unterschieden werden. Bei letzterer befindet sich zusätzlich zum Messpunkt im Bereich des Rachens ein Messpunkt im Bereich der Speiseröhre (Ösophagus). Die Messsonde muss daher bis in die Speiseröhre vorgeschoben werden.

Manchmal ist das Messergebnis trotz typischer Symptome nicht eindeutig. In diesen Fällen müssen sich weitere Untersuchungen anschließen, wie z.B. die intraluminale Impedanzmessung des Ösophagus oder die Ösophagus-Manometrie. Oft macht es Sinn im Vorfeld eine Speiseröhren-Spiegelung (mit Magenspiegelung) durchzuführen. Denn wenn sich entzündliche Veränderungen im Bereich der Speiseröhre oder Hinweise auf eine Magenschleimhautentzündung (z.B. durch Helicobacter pylori) zeigen ist es zunächst sinnvoll entsprechend des Befundes durch den Gastroenterologen zu behandeln und abzuwarten, ob sich hierunter auch die Beschwerden im Bereich des Rachens und des Kehlkopfes bessern.

Oftmals ist aber eine Speiseröhrenspiegelung bereits erfolgt und es fanden sich gerade keine entzündlichen Veränderungen oder ein Zwerchfellbruch (sog. Hiatushernie), so dass hier die oropharyngeale pHmetrie zur Diagnosefindung beitragen kann. Denn typisch für den stillen Reflux ist das Fehlen lokaler Entzündungszeichen.

Der Vollständigkeit halber sei hier noch der PPI-Test angeführt. Durch die testweise Gabe von Säureblockern soll bei Besserung der Beschwerden auf einen Reflux rückgeschlossen werden. Leider führen Säureblocker zu keiner sicheren Beschwerdebesserung, weshalb der Test zur Diagnose des GERD mit Sodbrennen taugt, nicht aber zur Diagnose des stillen Reflux (s.u., medikamentöse Therapie).

Therapie des stillen Reflux

Medikamentöse Therapie

Lange Zeit nahm man an, dass die Behandlung mit Säureblockern (Protonenpumpeninhibitoren, PPI: Pantozol, Omeprazol) zu einer Beschwerdebesserung führe. Leider ist das gerade beim laryngopharyngealen Reflux nicht so. Zwar verringert die PPI-Behandlung des Säuregehalt, jedoch nicht die Menge des Refluats, also die nach oben fliessende Magensaftmenge. Das heißt die klassische Behandlung von Sodbrennen hilft gerade bei stillem Reflux selten.

Warum ist das so? Beim stillen Reflux schädigt nicht die Magensäure das Epithel, sondern das Enzym Pepsin aus dem Magensaft greift die Eiweiße in der Schleimhaut an. Pepsin wird durch saures Milieu aktiviert, weshalb eine Säurereduktion prinzipiell erst einmal richtig ist, was aber besser durch Umstellung der Ernährung zu erreichen ist (s.u.).

Ein Kortionpräparat (als Inhalationsspray oder in Tablettenform) kann bei ausgeprägten Beschwerden vorübergehend angewandt werden.

Ernährungsumstellung

Wie bereits erwähnt sollten säurehaltige Nahrungsmittel, welche das im oberen Verdauungstrakt anhaftende Pepsin aktiviert, vermieden werden. Daher spielt die Ernährung spielt eine zentrale Rolle. Fetthaltige und scharfe Nahrungsmittel, Koffein, kohlensäurehaltige Getränke, Alkohol, Schokolade, Knoblauch, Zitrus- und tomatenhaltige Getränke sollten nur in geringen Mengen verzehrt oder ganz vermeiden werden. Entweder sind diese Nahrungsmittel primär sauer (Tomaten!) oder fördern Aufstoßen (fettreich, Kohlensäure).

Die Antireflux-Diät orientiert sich im wesentlichen an der Mittelmeer-Diät. Sie besteht aus viel Gemüse, Obst (Bananen!), Nüsse, Saaten, Olivenöl und Fisch. Fleisch und Milchprodukte sollten eingeschränkt werden (Zalvan et al., JAMA Otolaryngology Head Neck Surgery (2017)). In dieser Studie half auch das Trinken von basischem (alkalischem) Wasser. Die Ernährung sollte proteinarm sein, denn eiweißreiche Kost steigert die Bildung von Pepsinogen, der Vorstufe des Pepsin. Eine eiweißarmearme Ernährung vermindert deshalb die Pepsinmenge, die bei einem Reflux den Rachen bzw. Kehlkopf erreichen kann. Bei der o.g. Studie handelt es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie. Der wissenschaftliche Beweis, dass die o.g. Ernährung definitiv helfe, steht bisher aber leider noch aus.

Ingwer, z.B. als frisch aufgegossener Tee, kann bei Reflux hilfreich sein. Nicht alle Patienten vertragen Ingwer jedoch, sie reagieren paradox, d.h. der Reflux kann durch Ingwer zunehmen. Bananen wirken kurzfristig durch den Aufbau eines Schleimfilmes. Darüber hinaus können weitere Kräuter und Gewürze positiv wirken (z.B. Basilikum, Kurkuma, Kräutertee).

Ich empfehle diese und die im Internet zahlreich zu findenden Tipps bezüglich der „richtigen“ Ernährung auszuprobieren und bezüglich der Wirkung individuell zu betrachten.

Spezifische Empfehlungen

Entsprechend des Befundes der pHmetrie lassen sich weitere therapeutische Empfehlungen ableiten. Patienten, welche in Flachlage Refluxphasen haben und die üblicherweise auch in Flachlage schlafen rät man das Bett ab der Lendenwirbelsäule leicht anzustellen. Meist genügen 10 cm bzw. die erste Raste eines verstellbaren Lattenrostes. Aussenden sollte die letzte Mahlzeit mit möglichst großem Abstand zur Bettruhe eingenommen werden.

Bei Patienten mit nächtlichem Reflux, die typischerweise am Morgen Beschwerden angeben und unregelmäßig Schnarchen besteht der Verdacht auf Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoesyndroms (sog. OSA). Hierbei kommt es regelmäßig zu Verlegungen im Bereich der oberen Atemwege. In der Folge entsteht ein Unterdruck im Bereich des Brustkorbs, welcher schließlich einen Rückfluss von Magensaft fördern kann. Sollte ein OSA festgestellt werden behandelt man den Reflux nicht primär, sondern das Schlafapnoesyndrom.

Übergewichtige Patienten sollten immer eine Gewichtsreduktion anstreben. Übergewicht erhöht den Druck im Bauchraum. Dadurch stimmt das Druckgefälle zwischen Speiseröhre und Magen nicht mehr stimmt und Magensaft kann angesaugt werden. Der Großteil der Refluxpatienten ist übergewichtig.

Operative Therapie

Eine operative Therapie ist dann angezeigt, wenn bei ausgeprägtem Reflux (GERD) die o.g. Maßnahmen versagen oder Nebenwirkungen auf die PPI-Therapie bestehen. Bei der Fundoplicatio wird der obere Magenanteil, der Fundus, manschettenförmig um den Schließmuskel gelegt. Eine Kontraktion des Magens führt damit zu einer Kompression des unteren Magensphinters. Der Eingriff erfolgt in der Regel endoskopisch.

Ein neues endoskopisches Verfahren ist das LINX®-System. Hierbei wird ein Magnetband um den unteren Speiseröhrenschließer gelegt. Gute Erfolge konnten bei kleinen Hiatushernien (bis zu 3 cm Durchmesser) erreicht werden. Der Eingriff ist jedoch nicht unumstritten und die Indikation sollte genauestens geprüft werden.

​Die endoskopischen Therapieverfahren Enteryxx (intramuskuläre Injektionen in den Sphinkter) oder Stretta (Radioablation, Gewebeversteifung im Bereich des unseren Sphinkters) spielen aufgrund der unzureichenden Symptomverbesserung im Langzeitverlauf inzwischen keine wesentliche Rolle mehr.


Gerne berate ich Sie in meiner Praxis in Nürnberg Mögeldorf ausführlich zu zu allen Fragen rund um die Diagnose und Therapie eines laryngopharyngealen Reflux.