Ursachen, Diagnostik und Therapie des Tinnitus aurium

Was ist Tinnitus?

Als Tinnitus bezeichnet man Ohrgeräusche. Sie können ein- oder beidseitig auftreten, subjektiv, d.h. nur vom Patienten wahrgenommen werden, oder objektiv sein, d.h. auch von Außenstehenden gehört werden. Tinnitus kann akut auftreten oder, wenn er länger als drei Monate besteht, chronisch sein. Die Qualität der Geräusche ist sehr variabel und reicht von tieffrequentem Rauschen, Brummen und Klopfen bis hin zu hochfrequentem Pfeifen, Grillenzirpen oder Zischen reichen.

Was ist die Ursache von Ohrgeräuschen?

Tinnitus ist keine eigenständige Erkrankung sondern ein Symptom verschiedener Grunderkrankungen, von denen wir Ihnen im Folgenden einige erläutern möchten:

In den meisten Fällen besteht eine Funktionsstörung des peripheren Hörorgans, die mit einer Hörbeeinträchtigung verbunden ist. Diese kann zum Beispiel durch einen den Gehörgang verlegenden Ohrschmalzpropfen, einer Mittelohrentzündung oder einem Paukenerguss („Schnupfen auf dem Ohr“) verursacht sein. Oft sind diese Erkrankungen mit weiteren Symptomen wie Ohrdruck, Ohrenschmerzen oder Ohrlaufen verbunden. In diesen Fällen läßt sich die Ursache des Tinnitus meist schnell und folgenlos über die Behandlung der Grunderkrankung im Bereich des äußeren und Mittelohres beheben.

Oft liegt die Störung jedoch im Bereich des Innenohres. Hier kommen Ohrgeräusche typischerweise im Rahmen eines Hörsturzes vor. Meist, aber nicht immer bemerkt der Patient auch einen Hörverlust oder eine gesteigerte Geräuschempfindlichkeit. Diese sog. Hyperakusis kommt oft bei über 40% der Betroffenen mit Tinnitus vor, die Ursache liegt im Bereich des Innenohres mit gestörter Verarbeitung von Geräuschen im Gehirn.

Auch eine akute oder chronische Lärmbelastung kann zu störendem Tinnitus führen. Eine seltene Ursache im Bereich der Hörbahn ist das sog. mikrovaskuläre Kompressionssyndrom, bei dem es zu einer mechanischen Hörnervenreizung durch einen Gefäßnervenkontakt kommt.

Ohrgeräusche können jedoch auch ganz unabhängig von einer akuten oder chronischen Innenohrhörminderung auftreten. Fragt man die Patienten nach einer Stresssituation, wird oft angegeben, dass man „gerade viel um die Ohren hat“. In diesen Fällen ist die HNO-ärztliche Untersuchung oft gänzlich unauffällig und es zeigt sich erst im eingehenden Gespräch, dass der Tinnitus andere, nicht im Ohr befindliche Ursachen hat. Diese Patienten zeigen oft auch Funktionsstörungen im Bereich des Kiefergelenkes (CMD, siehe unten), nächtliches Knirschen oder HWS-Beschwerden.

Daneben gibt es auch internistische und neurologische Erkrankungen, die mit – meist chronischen – Ohrgeräuschen einhergehen. Mögliche Tinnitusursachen sind zum Beispiel ein Bluthochdruck, Depressionen, Medikamentennebenwirkungen oder ein Diabetes mellitus.

Welche Untersuchungen werden bei Ohrgeräuschen durchgeführt?

Am Anfang jeder ärztlichen Konsultation steht das ausführliche Gespräch. Anhand der genauen Beschreibung der Beschwerden sowie der Schilderung von Begleitumständen und der persönlichen Lebenssituation kann der HNO-Arzt schon erste Hinweise auf die Ursache des Tinnitus bekommen.

Als nächstes schließt sich die Inspektion des Ohres an: mit dem Ohrmikroskop untersucht der HNO Arzt den Gehörgang und das Trommelfell. Dabei können mögliche Ursachen wie Ohrenschmalz, Trommelfellgranulationen sowie eine Entzündung des Gehörgangs und des Trommelfelles gleich behandelt werden. Daneben werden die Schleimhäute der Nase und des Rachens endoskopisch untersucht sowie ein Ultraschall der Nebenhöhlen durchgeführt. Denn Entzündungen im Bereich der Schleimhäute und oder der Nebenhöhlen führen oft zu Schleimbildung, der über die Ohrtrompete zu einer gestörten Mittelohrfunktion führen kann. Bei entsprechenden Beschwerden schließt sich eine Untersuchung der Kiefergelenks bei Verdacht auf craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) an.

Bleibt die Ursache bei unauffälligem klinischem Untersuchungsbefund unklar, werden Funktionstests des Trommelfelles, des Mittelohres und des Innenohres veranlasst. Hierzu gehören die Durchführung der Tympanometrie, die Stapediusreflexmessung, otoakustischer Emissionen und ein Hörtest. Außendem wird die Tinnitusfrequenz und -lautstärke (matching) sowie ggf. die Unbehaglichkeitsschwelle bestimmt. Liegt der Verdacht auf eine Störung im Bereich des Hörnerven nahe, wird eine sogenannte Hirnstammaudiometrie (BERA) durchgeführt. Sämtliche genannten Untersuchungen werden in unserer HNO-Praxis in Nürnberg Mögeldorf durchgeführt.

Tinnitusbehandlung

So vielfältig die Ursachen von Ohrgeräuschen sein können, so vielfältig ist das Spektrum therapeutischer Möglichkeiten. Die Tinnitus Behandlung richtet sich jedoch immer nach der Grunderkrankung.

So behandeln wir Ohrgeräusche, die ihre Ursache im Innenohr haben und noch nicht zu lange vorbestehen, mit einer individuell auf den Patienten abgestimmten Infusionstherapie (wie auch bei der Hörsturzbehandlung). Sprechen Grunderkrankungen gegen eine Infusionstherapie (z.B. Diabetes mellitus, Hüftkopfnekrose…) oder besteht die Besorgnis seitens des Patienten Nebenwirkungen aufgrund des infundierten Kortison zu entwickeln kann dieses auch lokal direkt in das Mittelohr in die Nähe der Gehörschnecke appliziert werden (intratympanale Kortikoidtherapie).

Tinnitus als Symptom einer Fehlfunktion des Kiefergelenks sollte primär kieferorthopädisch und oder orthopädisch behandelt werden, ein zugrunde liegendes Halswirbelsäulensyndrom mit konsekutiver Verspannung im Bereich der Nackenmuskulatur dementsprechend orthopädisch bzw. physiotherapeutisch. Patienten, die darüber hinaus stark knirschen (Bruxismus) und bei welchen eine Therapie mit einer Aufbissschiene (Knirscherschiebe) nicht toleriert wird oder nicht zu einem Erfolg geführt hat können wir mit Botulinumtoxin-Injektionen häufig gut helfen (siehe auch unter CMD und Leitlinie Bruxismus).

Eine besondere Herausforderung ist die Behandlung des chronischen Tinnitus, der sich einer medikamentösen Therapie gänzlich entzieht. Im Vordergrund bei der Behandlung von chronischen Ohrgeräuschen steht die Krankheitsverarbeitung, d.h. keine Therapie, die auf das primäre Verschwinden der Geräusche zielt, sondern eine Behandlung, die dem Tinnitus Bedrohlichkeit und Schwere nimmt und es hierdurch sekundär abschwächt, so dass man damit gut leben kann (sog. Habituation; siehe auch aktuelle HNO Leitlinie). Hierbei ist es essentiell den Patienten über die Ohrgeräusche sowie die Zusammenhänge ihres Auftretens, tinnitusverstärkende Faktoren, Therapieoptionen und Prognose zu beraten und aufzuklären (Tinnitus-Counseling).

Bei starkem Leidensdruck ist begleitend eine psychotherapeutische Behandlung angezeigt. Bei der kognitiven Verhaltenstherapie werden die Zusammenhänge zwischen dem Ohrgeräusch, der aktuellen Lebenssituation und der emotionalen Befindlichkeit geklärt. Sie setzt an der Einstellungen und Bewertung des Betroffenen bezüglich seines Ohrgeräusches an und versucht negative Denkmuster aufzudecken.

Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ist bei Tinnitus besonders wichtig. Daher nutzen wir unser Netzwerk um Ihnen einen zeitnahen Termin bei Fachärzten beteiligter Fachgebiete (Innere Medizin, Zahnmedizin, Orthopädie, Kieferorthopädie, Neurologie, Psychotherapie) aber auch Hörgeräteakustikern und Physiotherapeuten zu vermitteln. Wir beraten Sie in unserer Praxis in Nürnberg Mögeldorf hierzu gerne individuell.