Botulinumtoxin gegen Zähneknirschen?

Die meisten Menschen verbinden mit Botox® die Behandlung von mimischen Falten, für diesen Einsatz gibt es Erfahrungen seit mehr als zwanzig Jahren. Zunehmend wird Botulinumtoxin A aber bei diversen Krankheitsbildern mit erhöhter Muskelaktivität, also medizinischen Indikationen, mit Erfolg eingesetzt. Dazu gehört zum Beispiel die Behandlung eines Schiefhalses, übermäßigen Schwitzens und im neurologischen Bereich zu Muskelentspannung bei Spastiken.

Eine medizinische Indikation im HNO- und Kopfbereich stellt die Behandlung von Zähneknirschen dar.

Beim sogenannten Bruxismus kommt es zu unbewussten Mahl- und Pressbewegugen der Kiefer gegeneinander. Es wird geschätzt, dass bis zu 20% der westlichen Bevölkerung betroffen ist. Man unterscheidet man den häufiger vorkommenden Nachtbruxismus (nächtliches Zähneknirschen) vom Wachbruxismus, bei dem Betroffene auch tagsüber unter einem deutlich erhöhten Tonus der Kiefermuskulatur leiden. Je häufiger die Bruxismusepisoden und intensiver die Muskelkontraktionen sind, desto ausgeprägter sind der Regel auch die damit verbundenen Beschwerden.

Man sollte Zähneknirschen schon alleine zur Verhinderung von Folgeschäden behandeln. Eine Therapie (s.u.) wird spätestens dann eingeleitet, wenn die Zahnhartsubstanz bereits gelitten hat (sog. Abrasionen, Schmelzdefekte durch Abschilferungen) oder Beschwerden im Bereich des Kiefergelenks und der Kaumuskulatur bestehen (lokale Schmerzen, Kopfschmerzen, Verspannungen). Komplexe Beschwerden werden als craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) zusammengefasst. Nicht ganz so typische, aber oft auch mit Zähneknirschen in Verbindung gebrachte Symptome sind zum Beispiel auch Tinnitus oder stechende Ohrenschmerzen. Häufig leidet bei Bruxismus auch die Schlafqualität.

Wie wird Zähneknirschen üblicherweise behandelt?

Anhand typischer Veränderungen der Zahnhartsubstanz sowie indirekter Zeichen (Rückgang des Zahnfleisches mit freiliegenden Zahnhälsen, Probleme und / oder Schmerzen bei der Kieferöffnung, empfindlicher Zähne, Parodontitis, Verlust von Füllungen oder anderen zahnärztlichen Restaurationen) diagnostiziert der Zahnarzt Zähneknirschen.

Entsprechend der Leitlinie „Bruxismus“ (Zähneknirschen) werden Kiefergelenksbeschwerden aufgrund nächtlichen Zähneknirschen oder Pressens durch den Zahnarzt üblicherweise mit einer „Knirscher-Schiene“ behandelt. Bei den meisten Patienten bessert sich die Symptomatik hierdurch, das Kiefergelenk wird entlastet und die knirschbedingten Abschilferungen der Zähne/Zahnkronen werden reduziert. Manche Patienten knirschen und pressen nachts jedoch so stark, dass auch eine Schiene keine Besserung der Beschwerden eintritt. In diesen Fällen kann der Physiotherapeut oder Osteopath eine Linderung erzielen. Dann sind auch Maßnahmen zur Entspannung sinnvoll, da nächtliches Kieferpressen und Knirschen oft in Stressphasen oder bei Dauerstress auftreten.

Wann macht es Sinn über eine Behandlung mit Botox® nachzudenken?

Sollten die oben genannten Therapiemaßnahmen nicht zu einer Linderung der Beschwerden führen und weiterhin massive Beschwerden bestehen (Kopfschmerzen, Verspannungen und Schmerzen im Bereich des Kiefergelenkes und des Kaumuskels (M. Masseter und M. temporalis), unklare Ohrenschmerzen ohne auffälligen Ohrbefund oder sogar Tinnitus) kann eine Behandlung mit Botulinumtoxin eine wirksame Therapie darstellen.

Wie wird eine Behandlung mit Botulinumtoxin bei Knirschen durchgeführt?

Zunächst muss geklärt sein, ob der Betroffene leitliniengerecht behandelt wurde, die Beschwerden sicher auf Zähneknirschen oder nächtliches Kieferpressen zurückzuführen sind und dass erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität vorhanden sind. Diese Zusammenhänge überprüft in der Regel der Zahnarzt und kann dann auch ein entsprechendes Attest ausstellen.

Mit dem Nachweis des Zahnarztes wird der in der Botulinumtoxin-Injektion ausgebildete und erfahrene Arzt eine Beratung und Aufklärung durchführen (denn es gibt Ausschlusskriterien bei der Behandlung) und mit Ihnen einen Therapieplan aufstellen. In einem nächsten Schritt erfolgt die Abfrage bzgl. der Kostenerstattung durch die Krankenversicherung. Private Krankenkassen übernehmen in den meisten Fällen bei begründeter Diagnose die Kosten für die Behandlung. Leider werden die Behandlungskosten in der Regel nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet, weshalb die Kosten in der Regel vom Patienten selbst getragen werden müssen.

Die Behandlung selbst dauert nur wenige Minuten. Nach sorgfältiger Desinfektion des Behandlungsgebietes wird der Patient aufgefordert, fest zuzubeißen. So kann der Massetermuskel getastet werden und die Behandlungspunkte eingezeichnet. Dabei wird auf Asymmetrie geachtet. Anschließend erfolgt die Injektion mit feinsten Nadeln und einer definierten Menge Botulinumtoxin in jeden Injektionspunkt. Nach wenigen Minuten des Kühlens und leichter Kompression kann der Patient die Praxis wieder verlassen.

Was muss nach der Behandlung beachtet werden?

Nach der Behandlung sollte man für etwa vier Stunden nicht auf einer Seite liegen und den Kopf aufrecht halten. Des Weiteren sollte für diese Zeit eine vermehrte Druchblutung im Behandlungsgebiet vermieden werden, d.h. am besten bis zum nächsten Tag nach einer Botox®-Behandlung keine Gesichtsmassagen- oder Behandlungen, Sonnenbäder, Saunabesuche, Alkoholkonsum oder sportliche Betätigungen.

Wer führt die Behandlung des Kaumuskels mit

Botox® in Nürnberg durch?

DGBT Zertifikat Botulinumtoxin Erfahrung Nürnberg

Botulinumtoxin darf nur von Ärzten injiziert werden. Obwohl Zahnärzte die Behandlung indizieren, d.h. bei ausbleibender leitliniengerechter Therapie eine Botox®-Therapie vorschlagen, dürfen Zahnärzte in Deutschland diese Therapie nicht durchführen, obwohl der Kaumuskel ja in ihrem Fachgebiet liegt. Über die Sinnhaftigkeit dieses Verbotes lässt sich trefflich streiten, denn Heilpraktiker dürfen in Deutschland Botulinumtoxin spritzen, was man nicht verstehen muss…

Im Kopf-Hals-Bereich sind Kieferchirurgen und HNO-Ärzte sehr gut ausgebildet und verfügen über die entsprechende Expertise. In der Behandlung mit Botulinumoxin erfahrene Fachärzte finden Sie z.B. auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Botulinum- und Fillertherapie, DGBT. Ich habe eine qualifizierte Weiterbildung durchlaufen und in der Anwendung von Botulintumtoxin DGBT-zertifiziert.

FAQ – Botulinumtoxin  und Zähneknirschen

  • Ist die Behandlung schmerzhaft? Kaum, wir verwenden hauchdünne Nadeln (32G), aber ohne einen kleinen Pieks geht es nicht. Seeehr schmerzempfindlichen Patienten kann vorab eine betäubende Creme aufgetragen werden.
  • Reicht eine einzige Injektion für Beschwerdefreiheit? Nein. Die Wirkung von Botulinumtoxin lässt im Verlauf von Monaten wieder nach. Man rechnet mit einer Wirkdauer von 4-6 Monaten, d.h. für einen dauerhaften Therapieerfolg muss die Behandlung noch 1-2x/Jahr wiederholt werden.
  • Wann merke ich, dass die Wirkung nachlässt und ich mich wieder behandeln lassen muss? Von ausgeprägtem Bruxismus betroffene Patienten bemerken das Nachlassen der Wirkung mit dem Wiederauftreten der Symptome! Bemerken Sie keinen Unterschied, dann stimmt die Indikation nicht, dann machen auch weitere Behandlungen keinen Sinn.
  • Welche Nebenwirkungen gibt es? Die gute Nachricht – keine dauerhaften Nebenwirkungen. Bei unsachgemäßer Anwendung kann es zu z.B. Asymmetrien oder Veränderungen der Gesichtskontur kommen. Lokale Reaktionen wie kleine Blutergüsse oder Schwellungen kommen häufiger vor. Eine dezidierte Aufklärung über mögliche Risiken der Behandlung und wie häufig diese vorkommen wird Ihr injizierender Arzt vornehmen. Gerne berate ich Sie hier ausführlich in der Sprechstunde.
  • Kann ich nach der Behandlung nicht mehr richtig zubeißen? Theoretisch ist das möglich, es kommt aber kaum vor. Der M. Masseter ist zwar der stärkste Kaumuskel, den wir haben, aber er ist nur einer von mehreren Muskeln, die für das Zusammenpressen der Kiefer / Aufbeißen verantwortlich ist. Und wie immer ist alles eine Frage der Dosierung, daher behandele ich beim ersten mal mit etwas weniger Muskelrelaxans und justiere bei zu geringer Wirkung nach.
  • Lagert sich Botulinumtoxin ab oder gelangt ins Gehirn? Nein, schon Stunden nach der Injektion zerfällt der Komplex in seine Bestandteile und es wird vollständig vom Körper abgebaut. Es gelangt nicht über die Bluthirnschranke in das Gehirn.
  • Kann man eine Wirkung versprechen? Nein, leider nicht. Es gibt sog. Nonresponder, die Antikörper gegen Botulinumtoxin haben, oder Patienten, bei denen das Knirschen derartig komplex von der gesamten Kaumuskulatur ausgelöst wird, so dass die übliche Injektion in den Musculus Masseter und ggf. den Musculus temporalis nicht ausreicht. In der Regel reicht eine Behandlung aus um den Therapieerfolg abzuschätzen, bei nicht ausreichender, aber zumeist vorhandener Wirkung, kann die Dosis erhöht werden (s.o.).

Literatur/weitere Informationen zu Botox® bei Knirschen

  • Bruxismus-Leitlinie: https://register.awmf.org/assets/guidelines/083-027l_S3_Bruxismus-Diagnostik-Behandlung_2019-06.pdf (Seite 75 ff).
  • Weber GC, Raulin C (2024) Botulinumtoxin-A in der Behandlung nächtlichen Zähneknirsches (nokturaler Bruxismus).HNO-Forum 3/2024, 204-207
  • De Mello Sposito MM, Feres Teixeira SA (2014) Botulinum Toxin A for bruxism: a systematic review. Acta Fisiatr 21, 201-204
  • Zeller AN, Beck-Broichsitter B, Fehn K (2022) Botulinumtoxin in der Bruximustherapie. zm 112, 2022/22, 24-30