Fliesschnupfen und stÀndig laufende Nase?
Viele Menschen (Bis zu 8% der Bevölkerung sind betroffen) leiden unter einer âlaufenden Naseâ, die nicht durch eine klassische Allergie verursacht wird. WĂ€hrend die allergische Rhinitis (etwa Heuschnupfen) durch eine fehlgeleitete Abwehrreaktion gegen Pollen oder Hausstaubmilben entsteht, spricht man von einer nicht-allergischen Rhinitis, wenn keine Allergene an den Symptomen beteiligt sind und auch keine Infektion (wie eine ErkĂ€ltung) vorliegt. Die Diagnose wird also im Ausschlussverfahren gestellt.
Die Beschwerden können chronisch oder wiederkehrend auftreten und beeintrÀchtigen die LebensqualitÀt der Betroffenen meist erheblich.
Hat der HNO-Arzt eine Allergie ausgeschlossen und hat darĂŒber hinaus keinen Anhalt fĂŒr eine EntzĂŒndung oder NebenhöhlenentzĂŒndung handelt es sich meist um eine sog. nicht-allergische Rhinitis (NAR). Eine frĂŒhere Bezeichnung war vasomotorische Rhinitis, die jedoch inzwischen nur als eine der Unterklassen der NAR zugeordnet wird. Gekennzeichnet ist die NAR durch eine ĂŒbersteigerte Reaktion auf unspezifische Reize.
Nachfolgend fĂŒhre ich die typische Symptomatik und Therapieoptionen beim chronischen Naselaufen an.
Symptome einer nicht-allergischen Rhinitis
Die Beschwerden Ă€hneln oft denen einer Allergie, allerdings ohne allergischen Auslöser (negativer Hautpricktest). Das Sekret ist immer klar und meist wĂ€ssrig, oft zu bestimmten Tageszeiten vermehrt oder auch verstĂ€rkt durch bestimmte Auslöser wie Temperaturwechsel, Rauch, ParfĂŒm, Temperaturwechsel, Luftfeuchtigkeitsschwankungen, Wetterumschwung oder emotionalen Stress.
- Klares und reichliches Naselaufen (Rhinorrhoe), hÀufig dauerhaft oder anfallsartig.
- Vermehrter Sekretfluss auch aus der hinteren Nase mit mehr Sekret im Rachenbereich (postnasal drip-Syndrom)
- Verstopfte Nase (nasale Obstruktion), oft wechselnd zwischen den Seiten.
- Gelegentlich Niesattacken (zahlreiche NieĂer kurz hintereinander)
- Selten Juckreiz, da dieser eher zur Allergie passt und DruckgefĂŒhl im Gesichtsbereich (eher EntzĂŒndung)
Untergruppen der nicht-allergischen Rhinitis
Altersrhinitis (âAlterstropfnaseâ)
Kommt vor allem bei Ă€lteren Menschen vor. Klassisches Zeichen ist der unablĂ€ssige Gebrauch von TaschentĂŒchern, weil es wie Wasser aus der Nase tropft. Das liegt unter anderem daran, dass sich mit zunehmendem Alter auch die Nasenspitze absenkt und das HerausflieĂen des Nasensekretes damit begĂŒnstigt. DarĂŒber hinaus spielt die Beschaffenheit der Nasenschleimhaut, die FunktionsfĂ€higkeit der FlimmerhĂ€rchen und die nachlassende vegetative Steuerung eine Rolle.
Hormonelle Rhinitis
Typisches Auftreten z. B. in der Schwangerschaft (bekannt als âSchwangerschaftsrhinitisâ) oder unter Einfluss hormoneller VerĂ€nderungen, meist Beginn im zweiten Trimenon und Anhalten bis nach der Entbindung. Die Beschwerden klingen meist nach der hormonellen Umstellung wieder ab. Die Symptome Ă€hneln eher einem Schnupfen, meist ist die Nasenatmung mit behindert.
Ăhnliche Mechanismen spielen möglicherweise auch bei SchilddrĂŒsenerkrankungen eine Rolle.
Toxische Rhinitis
Entsteht durch Reizung der Schleimhaut durch Schadstoffe (z. B. Rauch, Abgase, Lösungsmittel, Nikotin). Auch reichlicher Alkoholkonsum kann kurzfristig eine laufende Nase auslösen.
Medikamenteninduzierte Rhinitis
Diese entsteht hĂ€ufig durch ĂŒbermĂ€Ăigen Gebrauch abschwellender Nasensprays. Nach Absetzen kommt es zu einer âRebound-Schwellungâ, oft auch mit laufender Nase. Die sog. Rhinitis medicamentosa kann auch durch Blutdrucksenker, Schmerzmittel (NSAR), bestimmte Psychopharmaka oder HormonprĂ€parate ausgelöst werden.
Gustatorische Rhinitis
Vegetative Reaktion der Nasenschleimhaut auf scharf gewĂŒrzte oder heiĂe Speisen oder GetrĂ€nke.
Idiopathische Rhinitis
Wenn keine der o.g. Ursachen identifiziert werden kann benennt man die Symptomatik mit dem Begriff idiopathische Rhinitis (idiopathisch sagen Ărzte generell, wenn man die Ursachen nicht kennt).
Was passiert in der Schleimhaut, wenn die Nase stÀndig lÀuft?
Die Nasenschleimhaut wird von kleinen BlutgefĂ€Ăen durchzogen, die sich weit stellen oder enger werden können. Gesteuert wird dies durch das vegetative Nervensystem (Sympathikus und Parasympathikus). Der frĂŒher verwendete Begriff vasomotorische Rhinitis nimmt Bezug auf diese autonom gesteuerte GefĂ€Ăregulation.
- Wenn die GefĂ€Ăe weit gestellt werden, schwillt die Schleimhaut an â die Nase wird âdichtâ.
- Wenn die SchleimhautdrĂŒsen ĂŒberaktiv sind, produzieren sie zu viel Sekret â die Nase lĂ€uft.
Bei der nicht-allergischen Rhinitis ist diese Regulation aus dem Gleichgewicht geraten: die Nase reagiert ĂŒberempfindlich auf Reize wie Temperatur, GerĂŒche oder körperliche VerĂ€nderungen (Alter, Hormone, Medikamente).
Therapeutische Möglichkeiten
Als erstes muss die Diagnose gesichert werden. Ein Allergietest (Pricktest) schlieĂt eine Inhalationsallergie aus, der Blick in die Nase spezifische EntzĂŒndungen. Besteht nur der geringste Verdacht auf eine entzĂŒndliche oder allergische Komponente, sollte zuerst ĂŒber ein paar Wochen ein kortisonhaltiges Nasenspray verwendet werden, insbesondere bei der Schwangerschaftsrhinitis lindert es die Beschwerden oft. Eine nicht-allergische Rhinitis zeigt meist wenig Besserung auf die Anwendung von Kortisonnasenspray.
Bei einer medikamentös induzierten Rhinitis sollte der Patient schonend vom abschwellenden Nasenspray entwöhnt werden, hier können kleine Eingriffe an den Schwellkörpern der Nase (Nasenmuscheln) oftmals ein Ausstieg aus der Nasenspray-AbhÀngig sein (siehe Radiofrequenz-Behandlung der unteren Nasenmuscheln).
Ist die Diagnose gesichert sollte zunĂ€chst versucht werden nicht medikamentös zu behandeln. Hier bieten sich vor allem Nasenduschen an. Wenn bekannt ist, welche Auslöser zu einer Symptomauslösung oder -VerstĂ€rkung fĂŒhren, sollten diese vermieden werden (z.B. Luftreiniger, kein Parfum, duftstoffreie Kosmetika und Hautpflegeprodukte). Bei hobbymĂ€Ăiger oder berufsbedingter Exposition gegenĂŒber Noxen empfiehlt sich das Tragen einer FFP2-Maske.
Sollten diese MaĂnahmen zu keiner Symptomlinderung fĂŒhren ist ein medikamentöser Therapieversuch angezeigt:
Medikamentöse Therapie
Nasenspray mit dem Wirkstoff Ipratropiumbromid
- Dieser Wirkstoff blockiert die parasympathische Steuerung (blockt die Wirkung von Acetylcholin) und reduziert dadurch das Naselaufen.
- Hilft vor allem bei Patienten mit starkem Fliesschnupfen
- Anwendung: mehrmals tÀglich als Nasenspray
- Es gibt diese Sprays als FertigprÀparate.
- Anwendung 2-3x/d, Zulassung ab 6 Jahre
- Wichtig: die Wirkung ist nicht nachhaltig, die Sprays wirken also nicht kurativ. Werden die Ipratropiumbromid-Sprays nicht mehr verwendet stellt sich das Naselaufen wieder ein,.
Capsaicin-Therapie
- Capsaicin ist der scharfe Wirkstoff aus Chili.
- Wirkt, indem es bestimmte Nervenendigungen in der Nase âdesensibilisiertâ, dadurch wird die Ăberempfindlichkeit der Schleimhaut fĂŒr Wochen bis Monate herabgesetzt.
- DurchfĂŒhrung: meist in spezialisierten HNO-Praxen. Capsaicin wird lokal in die Nase eingebracht (Lösung, getrĂ€nkte Tampons oder Spray). Die Behandlung kann brennend und unangenehm sein, wird aber gut vertragen und nur wenige Male wiederholt.
- Die Wirkung hÀlt im Besten Fall mehrere Monate an.
- FertigprÀparate: nicht frei im Handel erhÀltlich, meist als Apotheken-Rezeptur oder in StudienprÀparaten.
Botulinumtoxin (BotoxÂź)
- Blockiert die SignalĂŒbertragung an den Nervenendigungen â die DrĂŒsen produzieren weniger Sekret.
- Anwendung: durch den HNO-Arzt per Injektion in die Nasenschleimhaut (meist unter lokaler BetÀubung).
- Wirkung: hÀlt mehrere Monate an.
- Topische Tropfen oder Sprays mit Botulinumtoxin sind in der klinischen Anwendung zwar möglich, aber nicht ĂŒblich, da das MolekĂŒl schlecht ĂŒber die Schleimhaut aufgenommen wird.
Der VollstĂ€ndigkeit halber seien hier noch angemerkt, dass es auch operative MaĂnahmen und die Kryotherapie gibt, die jedoch hierzulande noch nicht sehr etabliert sind und auf die ich daher hier nicht weiter eingehen möchte.
Quellen
- Sonderheft Allergologie 2020
- Consilium HNO life vom 15.2.2025, Prof. Dr. Sven Becker