Gesund in den Herbst / Winter

Wie macht sich eine HNO-Ärztin für den schmuddeligen Herbst/Winter fit?
➡ Mit frisch gepressten Säften voller Vitamine und Mineralstoffen. Je bunter, desto besser. Grüne Säfte aus Brennnessel, Grünkohl, Sellerie und Co werden mit Zitrone und Ingwer aufgepeppt, meine Kinder mögen’s eher tropisch, daher kamen Mango, Ananas, Äpfel und Orangen in die Saftpresse.
Gerade habe ich sechs Tage Saftkur (Detox Juice Cleanse) hinter mir und kann es nur empfehlen! Energiegeladen, voller Tatendrang und wunderbar geschlafen. Das Saftfasten verändert auch das Mindset… der Schreibtisch ist endlich wieder aufgeräumt, liegengebliebene Fachliteratur durchgearbeitet, das Kinderwartezimmer umgestylt. Die Vitamin- und Mineralstoffspeicher sind wieder voll. Die Erkältungssaison kann kommen…

Wie läuft so eine Saftkur ab?

Zuerst muss man sich für die Dauer entscheiden… ich fand für mich sechs Tage perfekt und ich habe an einem Donnerstag angefangen. Hilfreich, damit kein Hunger aufkommt, ist am Tag vor den Saftstart bereits etwas leichter zu essen und abends eine Darmreinigung durchzuführen (i.e. Abführen, den Darm entleeren). Dies ist keine zwingende Notwendigkeit, jedoch kommt dann tatsächlich kaum Hunger auf, denn ein voller Darm meldet durch Dehnungsrezeptoren Hungersignale, was ein leerer Darm nicht tut. Letztlich tut man sich damit leichter.

In den kommenden Tagen habe ich ab ca. neun Uhr alle zwei Stunden einen Saft von 400-500 ml getrunken, insgesamt 6 Säfte. So kommt wirklich kein Hunger auf. Dazu kam mein Kaffee am morgen (der muss sein!) und am Vormittag meine Kanne Kräuter/Früchtetee, die ich ohnehin immer während der Sprechstunde trinke. Die Säfte sehen toll aus, je bunter, desto besser, denn auch das Auge freut sich daran.

Inspiriert wurde ich durch verschiedene Saftanbieter im Internet; ich entschied mich die ersten drei Tage von dem von mir ausgewählten Anbieter beliefern zu lassen, die weiteren drei Tage presste ich dann selbst. Die „Bestell-Säfte“ kommen in tollen Saft- und Gemüsezusammenstellungen, an denen ich mich auch im Verlauf orientiert habe. Dunkelgrüner, hellgrüner, gelber, roter und orangener Saft sowie am Abend als quasi letztem Saft eine Nussmilch mit Zimt. Tatsächlich habe ich mich beim Selbstpressen an die Farben gehalten, weil sonst bei einer Freestyle-Zusammenstellung kompostfarbene Gebräue herauskommen, die man weder sehen noch trinken mag. Unten führe ich ein paar Kombinationen auf, die mir geschmeckt haben.

Es ist empfehlenswert, die Säfte auf einen Schlag herzustellen (habe ich am Wochenende mit den Kindern zusammen gemacht) und sie dann für jeweils drei Tage gekühlt aufzubrauchen. So sind sie noch frisch genug, aber der Schnippel-, Aufräum- und Abspülaufwand hält sich so in Grenzen. Die recyclebaren Flaschen der Bestellsäfte habe ich aufgehoben, gereingt und dann mit den eigenen Säften befüllt. Und wenn man schon dabei ist – lecker-scharfe Immunshots aus Ingwer, Kurcuma und Orange aus einem Stamperl.

Auf dem Markt gibt es eine riesige Auswahl an Herstellern und ich habe lange gestöbert, bis ich den für mich richtigen Saftproduzenten hatte. Mir war es wichtig, dass die Säfte weder hitze- noch druckbehandelt sind, was aber voraussetzt, dass sie umgehend nach der Anlieferung gekühlt werden können/müssen und direkt mit dem Verzehr begonnen werden sollte. Daher bedarf es etwas Planung. Für den Einstieg war es gut, schon alleine um zu wissen, ob so eine Saftkur überhaupt zu mir passt, langfristig ist es organisatorisch viel einfacher selbst zu pressen.

Fazit: etwas Durchhaltevermögen braucht es schon, gerade mit Kindern, wenn der Rest der Familie “normal“ essen möchte. Man wird jedoch mit perfektem Schlaf, viel Energie und körperlicher Leichtigkeit belohnt. Alte Klamotten ausmisten, den Schreibtisch aufräumen, liegengebliebene Fachliteratur durcharbeiten… was man gerne mal vor sich herschiebt – erledigt. Und es ging so einfach von der Hand. Es sind eben nicht nur die Vitamine und Mineralstoffe, es verändert auch etwas im Kopf, man isst auch hinterher gesünder und baut mehr Obst und Gemüse in den Tag ein, denn wer kommt schon auf fünf bis sieben Portionen? Daher habe ich beschlossen, öfter so ein paar Safttage einzuschieben um so gesund, fit und voller Energie durch den Winter zu kommen.

Wer keine Zeit zum Wildkräutersammeln und Saftpressen hat und trotzdem vitamingeboostert in den Herbst starten will – Vitamin C, Zink, Selen und B-Vitamine gibts auch als Vitamin-Infusion über die Vene… auch hier in unserer HNO-Praxis in Mögeldorf.

Saftrezepte

  • Dunkelgrün: Brennnessel, Grünkohl, Apfel, Kiwi, Zitrone/Limette, Ingwer
  • Hellgrün: Apfel, Gurke, Sellerie, Ananas, Limette, Minze
  • Orange: Orangen, Curcuma, Karotte, Apfel, Zitrone, Ingwer
  • rot: rote Bete, Apfel, Granatapfelkerne, Ingwer
  • gelb: Zitrone, Apfel, Ananas, Mango, Birne
  • Nussmilch: Hafermilch, Wasser, Ahornsirup, Zimt, Matchapulver, Vanillekonzentrat
  • Shot: 1 Stück Ingwer, 1 kleines Stück Kurkuma, 1 Orange – gibt zwei Shots

Frisch gepresst schmecken sie am Besten. Ingwer und Zitrusfrüchte passen zu allen Säften und bessern insbesondere den Geschmack von den Gemüsesäften, denn Grünkohl, Brennnessel und Sellerie schmecken solo tatsächlich nicht so sexy. Meinen Kindern konnte ich das Grünzeug nur in geringen Mengen mit tropischen Früchten untermogeln, aber es hat immerhin geklappt.

Letztlich kann man alles Obst und Gemüse wild zusammenstellen. Ich würde IMMER Zitrone dazu geben wegen der Verhinderung einer raschen Oxidation, das erhält die Farbe und das ist wie gesagt wichtig fürs Auge. Wichtig ist aber sich vor dem Verarbeiten über das jeweilige Obst bzw. Gemüse zu informieren, denn zB unreife Kartoffeln (würde ich persönlich nicht entsaften, machen aber manche) enthalten Solanin, was lebertoxisch wirkt und Magen-Darm-Beschwerden machen kann, rohe grüne Bohnen enthalten Phasin, was ebenfalls Magen-Darmbeschwerden verursacht und sogar rote Blutkörperchen verkleben kann, und Rhabarberblätter enthalten viel Oxalsäure, was Vergiftungserscheinungen und Zahnschäden verursachen kann (siehe auch: Wendt S, Lübbert C, Begemann K, Prasa D, Franke H: Poisoning by plants. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 317–24 sowie Kommentar vom Verfasser in Heft 37). Daher über den vermeintlichen Exoten vor dem Verarbeiten kurz nachlesen, denn Pflanzen enthalten zahlreiche Wirkstoffe, zu denen ich im Folgenden komme.

Hier einige Wirkungen ausgewählter Obst- und Gemüsesorten, sowie Wildkräuter, die ich verwendet habe

  • Rote Bete: blutdrucksenkend, reich an Antioxidantien (roter Farbstoff Betanin), reich an Folsäure, B-Vitaminen und Eisen. Erhöht die Leistungsfähigkeit von Sportlern (wegen der Nitrate). Wichtig: zusammen mit Vitamin C (Zitrone, Orange) zubereiten um die Nitritbildung (gesundheitsschädlich) zu verhindern.
  • Karotten: Betacarotin-reich (Vorstufe des Augenvitamin A), weitere Carotinoide (Lutein und Zeaxanthin) und sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthocyane (krebsvorbeugend)
  • Gurke: reichlich Elektrolyte; antioxidativ, antimikrobiell, Blutfett- und Cholesterin-senkend
  • Apfel: “one apple a day keeps the doctor away…“, voller Flavonoide (u.a. Quercetin), Carotinoide, Polyphenole (Leber-protektiv, schützen vor oxidativem Stress), ballaststoffreich (Pektin), sollen Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn verhindern (Demenz-Vorbeugung, Tierversuch). Alte Apfelsorten vom Biomarkt/Bauern bevorzugen, nicht schälen.
  • Ingwer: über 400 Wirkstoffe, insbesondere die Scharfmacher wirken antioxidativ, schmerzlindernd, antiviral, antibakteriell und durchblutungsfördernd – bei Erkältungen ein Tausendsassa! Darüber wird ihm Wirkung gegen Krebs und Demenz zugeschrieben. Wichtig: mit Schale entsaften.
  • Kurkuma: Curcumin wirkt entzündungshemmend, antioxidativ, Blutverdünnend, cholesterinsenkend, diabetesregulierend und soll auch gegen Demenz, Depressionen und Arthrose helfen.
  • Brennnesseln: enthält drei mal soviel Eisen wie Spinat. Kaliumreich, entwässernd, positive Wirkung auf die Gallenwege und die Bauchspeicheldrüse. Wichtig: nur die Spitzen nehmen und nur Pflanzenteile, die noch nicht blühen/ geblüht haben.
  • Zitrone: Vitamin C! Verbessert die Eisenaufnahme, daher gute Kombination mit Roter Bete, Grünkohl und anderen Gemüsepartnern
  • Blattspinat / Babyspinat: reich an dem Carotinoid Lutein, dass bei allen chronisch-entzündlichen Erkrankungen hilft; Lutein wird beim Erhitzen zerstört, daher ist Spinat-Saft oder ein Smoothie mit Spinat so gesund!
  • Minze: Menthol wirkt schmerzlindernd, schleimlösend und entzündungshemmend.
  • Koriander: entzündungshemmend, entblähend, antibakteriell
  • Grünkohl: entzündungshemmend (Alpha-Linolensäure = Omega-3-Fettsäure), ballaststoffreich, Cholesterin senkend, viele Mineralstoffe (Calcium, Eisen), Vitamine (A, C, K), Antioxidantien (Flavonide und Carotinoide), Senfölglycoside (antibakteriell, krebsvorbeugend). Enthält weiterhin die Aminosäure, was zur Serotoninproduktion benötigt wird.
  • Kiwi: reich an Vitamin C, Antioxidantien und Carotinoiden (Lutein und Zeaxanthin), sowie Pektin (präbiotische Ballaststoffe)
  • Beeren: lila und blaue Beeren (Blaubeeren, Aronia-Beeren, schwarze Johannisbeeren, Acai-Beeren, Holunderbeeren) sind voll von Anthocyanen, starken Antioxidantien, die krebsvorbeugend, antientzündlich und bei Diabetes wirken.
  • Exotische Früchte wie Ananas, Mango, Maracuja: schmecken hervorragend und bringen Süsse in die Säfte. Allerdings sollte genau deswegen davon nicht zu viel verarbeitet werden. Während der Saftkur treiben Sie den Blutzuckerspiegel unnötig hoch – Heißhunger kann auftreten.

Literatur

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  • The Nitrate-Independent Blood Pressure-Lowering Effect of Beetroot Juice: A Systematic Review and Meta-Analysis. Bahadoran Z, Mirmiran P, Kabir A, Azizi F, Ghasemi A.Adv Nutr. 2017 Nov 15;8(6):830-838. doi: 10.3945/an.117.016717. Print 2017 Nov.
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